Alexianer gedenken der Opfer des Nationalsozialismus | Westfälische Nachrichten 29.01.2008 Alexianer gedenken der Opfer des Nationalsozialismus Münster-Amelsbüren. Orgelvorspiel am 27. Januar in der Kirche des Alexianer-Krankenhauses. Es war ein besonderer Gedenkgottesdienst, denn an diesem Tag jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen zum 63. Mal. Seit 1996 wird er in der Bundesrepublik als Holocaust-Gedenktag begangen. Mittlerweile zum siebten Mal luden die Alexianer zu einer Gedenkveranstaltung ein. In Anwesenheit von Bruder Auch in Haus Kannen gab es Opfer der Euthanasie. 231 Bewohner wurden in die staatlichen Provinzialheilanstalten nach Marsberg, Aplerbeck und Eickelborn verlegt. 106 Bewohner sind ermordet worden. In den Gaskammern von Hadamar. Die Namen der Opfer sind bekannt. Drei Lebensläufe von Menschen, die mit den Bewohnern von Haus Kannen umgebracht wurden, stehen exemplarisch für das, was ihnen und den Beziehungen zu Freunden, Verwandten und Bekannten angetan wurde. Beispiel Ernst U., geboren 1899 in Gelsenkirchen. Gelernter Bäcker und Vater von sechs Kindern. 1929 in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Entlassen. 1933 als ein an Schizophrenie Erkrankter in Bedburg eingeliefert. Seine Frau musste zustimmen, andernfalls hätte allen sechs Kindern ein Heim gedroht. 1940 Verlegung in eine südhessische Anstalt. Besuch unerwünscht. 1941 Tod durch akute Hirnhautentzündung. Tod in Hadamar. Beispiel Heinrich H., geboren 1903 in Osnabrück. Arbeitete als Bildhauer und schuf Steinplastiken. Ab 1933 erkrankte er nach einer Geschlechtskrankheit psychisch. Angehörige besuchten ihn. Aber seine Verlobung wurde aufgelöst. Im Mai 1941 verlegte man ihn in eine staatliche Provinzialheilanstalt. Im Juli kam die Todesnachricht. Lungenentzündung und Kreislaufversagen. Tod in Hadamar. Angehörige forderten die Urne. Beispiel Emilie R., geboren 1891 in Alsfeld. Vier Kinder, gesund. Seit 1931 Depressionen, weil ihr Mann wegen eines Hüftleidens krankgeschrieben wurde und Existenzängste aufkamen. Bei ihr wurde eine ängstliche Beziehungsneurose diagnostiziert. Antrag auf Sterilisation. 1936 Verlegung in eine staatliche Provinzialheilanstalt. Besuche nicht erwünscht. 1941 Tod in Hadamar. Geschichten von drei Menschen, die denselben Schicksals- und Leidensweg gingen wie viele Bewohner des Hauses Kannen. Wie wichtig menschliche Beziehungen in der Bedrängnis wurden, ist in den Lebensgeschichten deutlich geworden. Wer über keine Verwandtschaft verfügte, wurde schneller verlegt. Ab 1940 musste auf den Meldebögen des Reichsministeriums ausdrücklich vermerkt werden, ob Kontakte zu Verwandten bestanden. VON HELGA KRETZSCHMER URL: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/muenster/stadtteile_sued/?em_cnt=188589&em_loc=131 © Westfälische Nachrichten - Alle Rechte vorbehalten 2008