Bewegender Augenzeugenbericht aus dem KZ 9.9.2008 Rheine. Einen Geschichtsunterricht außergewöhnlicher Art erlebten die Schüler der Klassen 9 und 10 des Emsland-Gymnasiums: Die 1929 in Warschau geborene Halina Birenbaum berichtete über die Zeit ihrer Jugend im Ghetto und in den Konzentrationslagern Majdanek und Auschwitz, die sie nur auf Grund fast unglaublicher Zufälle überlebte. Einen entscheidenden Einschnitt in das Leben des jungen jüdischen Mädchens bedeutete der deutsche Überfall auf Polen im September 1939. Schon die Kriegswochen brachten mit ihren andauernden Bombardierungen Angst und Schrecken. Schlimmer noch wurde dann aber die Zeit der Besatzung durch die Nazis, die in den Juden die Ursache für alle Probleme dieser Welt sahen und deren Vernichtung sie deshalb planmäßig vorbereiteten und durchführten. Der erste Schritt hierzu war die Zusammenfassung der jüdischen Bevölkerung in einem Ghetto, in dem die Menschen infolge unzureichender Ernährung und mangelnder medizinischer Betreuung reihenweise starben. Hier lebte Halina Birenbaum unter schwierigsten Bedingungen, in immer wechselnden Verstecken zusammen mit ihrer Familie, um der drohenden Abschiebung in ein Vernichtungslager zu entgehen. Nach der Niederschlagung des jüdischen Aufstands im Warschauer Ghetto wurde Halina Birenbaum zusammen mit ihrer Familie zunächst in das Konzentrationslager Majdanek verschleppt, wo sie der Vergasung nur dadurch entging, dass am vorgesehenen Termin kein Gas zur Verfügung stand. Nach ihrer Verlegung in das KZ Auschwitz erhielt sie die Häftlingsnummer 48693 in den linken Unterarm tätowiert, die heute noch an diese schreckliche Zeit erinnert. Auch hier überstand sie – anders als die meisten Familienmitglieder - durch Zufälle die „Selektionen“, die zur Vergasung geführt hätten. Ihre Mutter hatte ihr geraten, sie solle sich als Siebzehnjährige ausgeben, denn jüngere Kinder würden sofort umgebracht, während Ältere zunächst noch in den KZs zur Zwangsarbeit verwendet wurden. Als sie 1945 von der Roten Armee befreit wurde, war sie gerade fünfzehn Jahre alt. Halina Birenbaum emigrierte 1947 nach Israel, wo sie seitdem lebt. Mitte der sechziger Jahre erschien ihr erstes Buch „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ in polnischer Sprache; schnell folgten Übersetzungen ins Englische und Deutsche. Deutschland besuchte sie erstmals im Jahre 1989. Hier tritt sie überwiegend an Schulen auf, um ihre Erfahrungen besonders an junge Menschen weitergeben zu können. Den Opfern ein Gesicht zu geben ist das zentrale Ziel Halina Birenbaums. Die Schüler des Emsland-Gymnasiums waren von der lebhaften und anschaulichen Darstellungsweise sichtbar berührt. „Authentischer als auf diese Art können Schüler gar nicht über jene Zeit aufgeklärt werden,“ meinte ein Schüler der Klasse 9b. Und eine Mitschülerin fügte hinzu: „Mich hat beeindruckt, dass Halina Birenbaum, obwohl sie schon 78 Jahre alt ist und so schreckliche Dinge erlebt hat, so viel Lebensfreude und Ausstrahlung hat.“ URL: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/kreis_steinfurt/rheine/?em_cnt=665660&em_loc=170 © Westfälische Nachrichten - Alle Rechte vorbehalten 2008