Deportationsausstellung im Bahnhof eröffnet am 18.05.2008 MÜNSTER Langsam geht Gertrude Schneider, eine bald 80-jährige ergraute Frau, auf die Bühne des Rathausfestsaals und fängt vor vollem Saal an, ihre Geschichte zu erzählen. Wenn Gertrude Schneider Bahn fährt, werden heute noch Empfindungen wach: „Es tut mir das Herz noch immer weh, wenn ich einen Zug fahren höre.“ Die Besucher der Ausstellungseröffnung „Sonderzüge in den Tod“ am Sonntag im Rathaus hörten gebannt zu. Das gleichmäßige Rattern der Räder ist es, was die rüstige Dame immer wieder an ihre Deportation nach Riga erinnert, ins jüdische Ghetto. Mit einem Deutsch, in dem stark der Dialekt ihrer Heimatstadt Wien mitklingt, berichtet sie von der Zeit der Judendeportationen im Zweiten Weltkrieg. Sie berichtet lebhaft von 1942, von der Zugfahrt von Wien nach Riga ins jüdische Ghetto und lässt die Bilder der vergangenen Tage für das ganze Publikum noch einmal entstehen. Anfangs seien die Juden aus Wien noch gutgläubig gewesen, erst nach einigen Vorkommnissen „ist uns ein Licht aufgegangen und wir wussten: Wir haben keine Chance“, so Schneider. Sie überlebte dennoch, kam zurück nach Wien und emigrierte dann in die Vereinigten Staaten. Sie hielt das Versprechen, das sie ihrem Vater gab: „Alles aufzuschreiben, damit nichts vergessen wird.“ "Berichte von Zeitzeugen sind wichtig" Oberbürgermeister Berthold Tillmann und Jürgen Hülsmann, Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster, ehrten während der Eröffnung drei Zeitzeugen. Neben Gertrude Schneider auch Marga Spiegel und Marion Zambrano. „Einige Überlebenden haben sich abgewandt vom Volk der Täter“, so Hülsmann. Er betont aber: „Berichte von Zeitzeugen sind sehr wichtig“. Darum gebühre den drei Frauen besonderer Dank für ihre Mühen. Dafür, dass sie sich weiterhin erinnern. Noch vier Wochen lang ist die Wanderausstellung der Deutschen Bahn im Hauptbahnhof zu sehen. Besucher können sich die Exponate im langen Gepäcktunnel ansehen. Auch dabei werden sie die Züge hören, die wenige Meter über ihnen in den Bahnhof ein- und ausfahren. Dieses Geräusch, das Gertrude Stein noch immer im Gedächtnis ist. K dwi Copyright © Lensing Medien GmbH & Co. KG