Di., 03.06.2008 Steinfurt „Die Geschichte ist damit nicht beendet“ Borghorst. Zum dritten und letzten Mal hat der Kölner Künstler Gunter Demnig gestern „Stolpersteine“ in Borghorst verlegt. Damit ist an alle bekannten jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherr-schaft erinnert. Für die Mitglieder der Bürgerinitiative Zeit, zurückzuschauen auf die Arbeit seit Mai 2005. Aber auch, um den Blick nach vorne zu richten. Gibt es neue Projekte? WN-Redakteurin Gu-drun Niewöhner sprach mit Alfred Homann und Klaus Adam, beide aktive Mitstreiter bei den „Stolper-steinen“. Frage: Der letzte „Stolperstein“ in Borghorst ist verlegt. Ist das Engagement der Initiative damit beendet? Klaus Adam: Nein. Die Geschichte ist ja nicht abgeschlossen. Trotz intensiver Recherchen in den ver-gangenen drei Jahren wissen wir immer noch nicht alles über die jüdischen Familien, die vor ihrer Flucht oder Deportation unter uns gelebt haben. Ein Beispiel: Kurt Eichenwald. Wir haben bislang we-nig über ihn erfahren können. Da bleiben wir auf jeden Fall dran. Alfred Homann: Außerdem planen wir ein Gedenkbuch auszulegen und eine Dokumentation mit unse-ren Ergebnissen zusammenzustellen. Frage: Auch wenn es weitergeht, wie fällt denn eine erste Bilanz zum jetzigen Zeitpunkt aus? Adam: Es ist erstaunlich, was wir geschafft haben. Die Borghorster haben sich unserem Anliegen so-fort geöffnet, sie waren bereit, Auskunft zu geben. Viele Zeitzeugen haben sich gemeldet. Der Hei-matverein hat uns unterstützt. Das hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass wir die Opfer des Na-zi-Regimes in den Mittelpunkt gerückt haben, nicht die Täter. Homann: Wir hatten bislang nicht das Gefühl, dass die Borghorster des Themas überdrüssig geworden sind. Im Gegenteil: Gerade in den Schulen ist der Nationalsozialismus mit seinen Auswirkungen auf das Leben vor Ort Unterrichtsstoff geworden. Frage: Hat es einen Moment gegeben, der besonders beeindruckend war? Adam: Ja. Das war das erste Aufeinandertreffen von Eva Leveton-Eichenwald und der inzwischen lei-der verstorbenen Margret Wissing. Ein friedensstiftender Höhepunkt unserer Arbeit. Die beiden Frau-en, die sich nie zuvor begegnet waren, standen sich plötzlich gegenüber, ohne Berührungsängste: Das ist ganz sicher die menschlichste Form der Vergangenheitsbewältigung. Frage: Die Bürgerinitiative will nicht aufhören mit ihrer Arbeit. Gibt es schon Ideen für Projekte? Adam: Die Villa Heimann. Das Haus, in dem Frieda und Albert Heimann mit ihren drei Kindern gelebt haben. Uns schwebt unter anderem vor, es zu einem Haus des Dialoges zwischen den Generationen zu machen. Sprich: Es soll an die Vergangenheit erinnert, aber auch Zukunft gestaltet werden. Ein Konzept dafür ist entwickelt. In den Räumen könnten wir beispielsweise der Öffentlichkeit zugänglich machen, was wir an Dokumenten und Informationen gesammelt haben. Wir haben allerdings auch noch andere Denkmodelle. Frage: Gibt es für die Realisierung eine Zeitschiene? Adam: Das Problem wird sicherlich eine dauerhafte Finanzierung der Gedenkstätte sein. Doch spätes-tens wenn auf dem gegenüberliegenden Wattendorff-Gelände gebaut wird, muss klar sein, was aus der Villa wird. Wichtig ist erst einmal, dass die Villa als sozialgeschichtliches Denkmal anerkannt wird. Und dass wir uns mit den Burgsteinfurtern langfristig zu einer Initiative zusammenschließen. Uns geht es doch um eine gemeinsame Sache für die Stadt Steinfurt. |Berichterstattung über die Verlegung der Stolpersteine auf Seite 2.