Ein Stein mahnt zum aufrechten Gang Kunstaktion auf dem Straßenpflaster erinnert an die Schicksale ehemaliger jüdischer Mitbürger Von Hans Lüttmann Burgsteinfurt. Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch. Knappe hundert Euro kostet das Erinnern, wenn man sich dabei von Gunter Deming helfen lässt. Vor gut 15 Jahren hat der Künstler (und alternative Ehrenbürger der Stadt Köln) damit begonnen, sein Kunst-gebet („Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.") in Messing zu meißeln, mit Betonklötzen zu verbacken und als Stolper-steine in Bürgersteige zu ver-legen. Mehr als 11 000 Steine hat er schon in fast 200 Städ-ten vermauert, da bleibt für andere Kunst keine Zeit. Mon-tag Magdeburg und Dienstag Syke, Mittwoch Borghorst und Burgst ein ftirt , und am Donnerstag geht es nach Buda-pest — kein Wunder, dass er vier der fünf Burgteinfurter Steine schon verlegt hatte, be-vor die Feier an der Kauten-stege richtig losging. Aber kein Problem, sagt Ursula Kunze von der Burgsteinfurt er Initaitive Stolpersteine: „Wir freuen uns, dass Sie hier sind." Und mit ihr freut sich er-staunlich viele Teilnehmer an der Feierstunde, viele Schü-ler, Bürger, Neugierige und Gäste, die mit weit offenen Zahlreiche Burgsteinfurter waren in die Kautenstege gekommen, wo Gunter Dernnig den ersten Stolperstein verlegte. Foto: Hans Lüttmann Armen empfangen werden: Eva Leveton ist gekommen und Ruth Maziak mit ihrem Sohn Daniel. Ruth, die ihren Großvater Hermann Emanuel nenlernte, verbindet doch, so — ihm soll der erste Burg- sagt sie in einer bewegenden steinfurter Stein gewidmet Ansprache, sehr viel mit dem werden — nie persönlich ken- Schicksal des Mannes, der für sich und seine Familie nur Frieden und Freiheit suchte, aber in Theresienstadt den Tod fand. Er, der seine Wur-zeln nie vergessen hat, der Kantor und Pädagoge, der Mit-begründer der Kaufmänni-schen Fortbildungsschule in Burgsteinfurt. „Ermordet, wie so viele anderen", sagte Liesel Daldrop an der zweiten Stati-on, der Moltkestraße, an der drei Steine verlegt wurden, die an Rosa, Lotte und Emmy Cohen (spätere Dreyfus) erin-nern. Noch ein Stolpertsein liegt auf dem Trottoir an der lär-migen Bakmhofstraße, wo Pfarrer Bernd Krefis eine kur-ze Ansprache hält und — auch auf Hebräisch — würdige Wor-te des Erinnerns findet. Auch über diesen Stein vor, dem Haus an der Bahnhofstra.ße 21, wo Isidor Meier wohnte, sollen die Burgsteinfurter stol-pern. Wenn sie beiläufig die Straße entlangschlendern, sol-len sie ins Stocken geraten und straucheln, unvermittelt auf einen goldglänzenden Stein stoßen. Sich bücken, sich verneigen, um von einem Menschen zu lesen, dessen Name nicht vergessen ist. Ein Stein, Ein Name. Ein Mensch. „Nur wer stolpert", sagt Gtm-ter Dornig, „lernt, aufrecht zu gehen."