MZ, 16.11.2006 BLICKPUNKT STOLPERSTEINE Klara starb im Mai 1942 Initiative Stolpersteine plant Gedenksteine für Angehörige der Familie Eichenwald BORGHORST • Dr. med. Ernst Eichenwald hat auf den ersten Blick einen ganz normalen Lebenslauf: Er wurde 1899 in Borghorst geboren, besuchte dort die Rektoratsschule und machte sein Abitur im Februar 1917 am Burgsteinfurter Arnoldinum. Seinen Militärdienst leistete er vom 22. Juni 1917 bis Ende 1918. Danach studierte Ernst Eichenwald Medizin. Das alles fanden die Autoren Möllenhoff und Schlautmann in ihrem Buch über ‚Jüdische Familien in Münster" heraus. In den Zeiten des Nationalsozialismus änderte sich für Ernst Eichenwald alles: Im Jahr 1938 stellte der Burgsteinfurter plötzlich eine „Gefahr für die Nichtjuden" dar. Das NS-Blatt „Der Stürmer" diffamierte die Patienten des in Münster praktizierenden Mediziners öffentlich. Es folgte das Berufsverbot für alle jüdischen Ärzte. Emigration Für Ernst Eichenwald änderte sich fortan alles: Er emigrierte Ende 1938 über die Niederlande in die USA - ohne seine Familie. Sein Vermögen überschrieb er zu deren Lebenssicherung auf seine nichtjüdische Ehefrau. Doch „am 16. Februar 1941 beantragte die Gestapo seine Ausbürgerung und die Vermögensbeschlagnahme", so die beiden Autoren in ihrem Buch. Ehefrau Elisabeth Bielinski lebte bis 1946 mit der gemeinsamen Tochter Eva in Berlin, bevor sie zu ihrem Ehemann in die USA auswanderte. Nach dem Krieg war Dr. Ernst Eichenwald Chefarzt der Poliklinik in San Francisco. Auch seine Tochter Eva lebte zu der Zeit in San Francisco, „als Studentin Eva Wald". Kindheit Ernst Eichenwald und sein jüngerer Bruder Karl, angesehener Textilkaufmann wie sein Vater Abraham Eichenwald, verbrachten ihre Kindheit an der Münsterstraße 12 in Borghorst (heute ein Teil des Modehauses Wissing). Abraham Eichenwald starb 1929. Sein Grabstein steht auf dem Jüdischen Friedhof in Borghorst. Rätselhaft sind jedoch die Todesdaten seiner Frau Klara. In den Personalkarten des Borghorster Meldeamtes steht: „10. Dezember 1941: unbekannt verzogen": Ein tragisches Datum, denn die-ser Eintrag betraf all jene Personen, die am 13. Dezember 1941 über Münster „zwangsevakuiert" wurden. Nach Riga, Sachsenhausen, Theresienstadt. Für Klara Eichenwald ist jedoch vermerkt: „Todesdatum 1. Mai 1942 in .54' Borghorst". Karl Eichenwald schaffte es, durch rechtzeitige Emigration nach New York sein Leben zu retten. Er verließ Deutschland am 13. Februar 1939. Mit seiner Frau Ruth Eichenwald, geborene Schweitzer, war er im April 1937 von Obernigk, einem Erholungsort nahe Breslau und Geburtsort seiner Frau, nach Borghorst übergesiedelt. „Straße der SA" Nur zwei Jahre wohnte Ruth Eichenwald im Textilgeschäft an der Münsterstraße 12, damals „Straße der SA". Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Bekannt sind lediglich einige Schriftstücke des Stadtarchivs aus dem Jahr 1939 über den Verkauf des Grundstücks der Witwe Abraham Eichenwalds. • bka