Di., 03.06.2008 Steinfurt „Wir haben die Namen nicht vergessen“ /-lü- Steinfurt. Franziska Gah mit ihren 82 Jahren ist dankbar, dass „ich das heute so von meinen Eltern sagen kann“. Ihre Mutter war eine gute Freundin von Else Gumprich, die seit 1937 mit ihrem Mann Emil, einem gebürtigen Borghorster... Von Gudrun Niewöhner /-lü- Steinfurt. Franziska Gah mit ihren 82 Jahren ist dankbar, dass „ich das heute so von meinen Eltern sagen kann“. Ihre Mutter war eine gute Freundin von Else Gumprich, die seit 1937 mit ihrem Mann Emil, einem gebürtigen Borghorster, und den beiden Kindern Manfred und Gisela in Münster ge-lebt hat. „Meine Eltern haben den Gumprichs immer geholfen, auch als es schwierig wurde.“ Weil die Familie bei ihrer Flucht nach Uruguay zwei Jahre später keinen Goldschmuck mitnehmen durfte, hat Franziska Gahs Mutter der Freundin eine andere Uhr geschenkt. Um das Schicksal der Gumprichs, aber auch anderer jüdischer Familien aus Steinfurt nicht zu vergessen, verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig gestern Nachmittag „Stolpersteine“ in beiden Steinfurter Stadtteilen. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Diesen Satz des Künstlers nahm Jo-sef Bergmann, Sprecher der Borghorster Bürgerinitiative bei seiner Begrüßung am Heimathaus auf. „Wir haben die Namen nicht vergessen“, sagte Bergmann, um dann aber etwas leiser zuzugeben: „Sie sind uns ein bisschen spät wieder eingefallen.“ Direkt neben dem Heimathaus an der Nikomedesstraße ließ Demnig die ersten drei Steine für Else, Gisela und Manfred Gumprich ins Pflaster ein. Ein bewegender Moment – nicht nur für Franziska Gah. Danach zogen die Mitglieder mit ihren Gästen, unter ihnen Pfarrer Heinrich Wernsmann und Bürger-meister Andreas Hoge, zur Woortstraße. Vor dem Haus Nummer 5 verlegte der Künstler zwei Steine für Sigmund und Kurt Eichenwald. Und an der Münsterstraße 61 (heute Volksbank) gibt es seit gestern Messingtafeln, die an die Familie Löwenstein und Alfred Gumprich erinnern. Um den jüdischen Familien nicht nur einen Namen, sondern auch ein Gesicht zu geben, hatten Mitglieder der „Stolpersteine“ für jeden der drei Orte Bilder und Informationen zusammengestellt. Ange-lika Scho trug anschließend Gedichte von Heinrich Heine vor. In Burgsteinfurt war bis vor Kurzem gar nicht klar, wie die Initiative das Geld für die zwölf Steine auf-bringen sollte. Aber man setzte auf das Engagement der Bürger, führte eine Sammlung durch und hatte schon kurzer Zeit den betrag zusammen. Erste Station war der Bütkamp, wo Stolperstein-Initiator Gunter Demnig erst selber im Mittelpunkt des Interesses der Initiative stand: Ursula Kunze beglückwünschte den Künstler, der erst kürzlich für das Projekt Stolpersteine von Justizministerin Brigitte Zypries und Innenminister Wolfgang Schäuble als „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ geehrt worden ist. In mehr als 300 Orten hat Demnig bereits weit mehr als 15 000 Stolpersteine verlegt. Anschließend aber verlegte er drei Steine vor dem Haus Nummer 8, in dem Sally, Berta und Ida Michel gewohnt haben. Karl Friedrich Herhaus erinnerte dabei an das Leben und Leiden der Michels und hob noch einmal hervor, wie wichtig Erinnern und Gedenken an diese düstere Zeit auch und gerade heute sei. Weiter zog die Gruppe zum Drepsenhoek 4, wo drei Steine verlegt wurden. Sie erinnern an Ruth und Paula Hirsch sowie Paulas Tochter Grete. Am Friedhof ließ der Künstler zwei Steine für die Eheleute Hermann und Franziska Michel ein, und an der Rottstraße für Selma und Otto sowie Hedwig und Max Hirsch.