06.10.2013 14:48 Uhr 13 neue Stolpersteine Gegen das Vergessen BURGSTEINFURT "Danke an alle, die heute hier sind", sagte Miguel Hirsch am Samstagmittag vor dem Haus Rottstraße Nr. 7. "Danke auch an alle jungen Menschen, die die Welt besser und gewaltfreier machen wollen", fügte er hinzu. Von Rainer Nix 13 neue »Stolpersteine« wurden am Wochenende in Burgsteinfurt verlegt. Die für diesen Anlass aus Chile angereisten Söhne von Georg Hirsch legten Bilder an die Stolpersteine, auf denen die Namen ihrer Familie standen. (Fotos: Rainer Nix) Es war ein bewegender Moment. Miguel sowie seine Brüder Roberto und Thomas nahmen den weiten Weg von Santiago de Chile ins Münsterland auf sich, um bei der Aktion der "Initiative Stolpersteine" dabei zu sein. Stolpersteine auf der Rottstraße In dem Haus an der Rottstraße wohnte einst ihr Vater Georg Hirsch gemeinsam mit seinen Eltern, Geschwistern, Onkel und Tante. Jetzt ließ der Kölner Künstler Gunter Demnig messingfarbene "Stolpersteine" mit den Daten der ehemaligen jüdischen Mitbürger in den Bürgerstein ein. Damit machte er die Namen Georg, Edith und Selma Hirsch unsterblich. Die Stolpersteine der Familienmitglieder Otto, Selma, Max und Hedwig Hirsch erinnern bereits seit 2008 an diese Familie. In ganz Europa installierte Demnig bereits 43 000 solcher kleinen quadratischen Gedenksteine. Flucht aus Burgsteinfurt Georg Hirsch war einer von jenen, die dem Holocaust im Dritten Reich entkamen. Er wurde 1912 in Burgsteinfurt geboren, besuchte das Gymnasium Arnoldinum bis zur Obertertia und machte eine Kaufmanns- und Schlosserlehre. Bis 1938 war er bei der Firma Wertheim angestellt, in der Reichspogromnacht wurde er verhaftet. Zunächst zur Zwangsarbeit verpflichtet gelang ihm im November 1939 die Flucht nach Chile. Er starb im Jahr 1974. Große Anteilnahme Die Anteilnahme an der fünften Verlegungsaktion der Stolpersteine in Burgsteinfurt war groß. Mehr als 60 Männer und Frauen trafen sich um 11.30 Uhr an der ersten Station, dem Haus Leerer Straße 38. "In diesem Stadtteil wurden bereits 55 Steine verlegt", so Ursula Kunze von der Initiative, "das finde ich schon ganz beachtlich." "Wenn ein Mensch seinen Namen nicht zurück bekommt, dann wird er vergessen", so Kunze weiter. "Durch die Stolpersteine geben wir den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus ihre Namen zurück." Dies sei das zentrale Anliegen der Initiative. Erschütternde Berichte Am Samstag wurden viele Geschichten erzählt. Barbara Wachsmuth-Ritter und Karl Friedrich Herhaus gehörten zu denjenigen, die sie verlasen. Es waren erschütternde Berichte über den Tod in Konzentrationslagern und über weitere Grausamkeiten der Nationalsozialisten. Doch es gab auch Menschen wie Georg Hirsch, denen die Flucht glückte und die in einem fernen Land ein neues Leben begannen. Jüdisches Gebet Die drei Chilenen nahmen großen Anteil an der Stolpersteine-Aktion. Miguel dokumentierte sie mit seiner Kamera, Roberto sprach das "Kaddisch", das traditionelle jüdische Gebet für Verstorbene. In diesem Moment wurde es sehr still. Der Dank, den sein Bruder Miguel an das Publikum und an alle jungen Menschen in Deutschland aussprach, zeigte, dass das Entsetzen über die Verbrechen der Nationalsozialisten auch der Hoffnung Platz lässt. Der Hoffnung, einer Welt des Friedens und der Mitmenschlichkeit näher zu kommen.