Mi., 12.03.2008 Horstmar Das Leiden der Eichenwalds Horstmar. Das Schicksal der Eheleute Johanna und Samuel Eichenwald und das ihrer Kinder sowie Enkelkinder hat die „Initiative Stolpersteine“ recherchiert. Unglaubliches Leid, das in Horstmar in der heutigen Königstraße seinen Anfang nahm, musste die Familie Eichenwald ertragen, schreibt die Bür-gerinitiative In der Zeit von 1894 bis 1932 waren Johanna und Samuel Eichenwald die Besitzer des Hauses Stadt 96. Sie bekamen vier Söhne und eine Tochter. Johanna Eichenwald starb 1930 und ist in Horstmar beigesetzt worden. Samuel Eichenwald lebte bis 1938 in Horstmar, dann zog er nach Almelo/Holland und lebte dort im Haushalt seiner Tochter Amalia, die mit Simon van Leeuwen verheiratet war. Be-reits im Juni 1939 starb Samuel Eichenwald. Nur ein Sohn der Eheleue Eichenwald, Paul Eichenwald, überlebte den Holocaust. Willy Eichenwald und seine beiden Söhne Dieter (18 Jahre) und Klaus (15 Jahre) wurden in Auschwitz vergast. Seine Frau Erna überlebte das KZ, trotz grausamer medizinischer Versuche, die an ihr vorge-nommen wurden. Sie emigrierte in die USA. Max Eichenwald, seine beiden Töchter Hannelore (13 Jahre) und Liesel (8 Jahre) verloren ebenfalls im KZ Auschwitz ihr Leben. Die Mutter Anna wurde im KZ Bergen-Belsen ermordet. Amalia, genannt Mally, starb im September 1943 im KZ Auschwitz, ebenso ihr Mann Simon van Leeuwen. 1932 hatte Samuel Eichenwald das Haus Stadt 96 auf seinen Sohn Karl überschrieben, der dort mit seiner Frau Grete und den beiden Söhnen Helmut (geb. 1928) und Erwin (geb. 1931) lebte. Karl Ei- chenwald war Viehhändler und die Bauern waren seine Geschäftspartner. Zu einigen Bauern pflegte man auch über das Geschäftliche hinaus private Kontakte. Wie alle anderen jüdischen Wohnhäuser wurde das Haus von Grete und Karl Eichenwald in der Po- gromnacht nicht verschont. Die Haustür wurde mit einer Axt eingeschlagen, die Schränke geplündert und die Fensterscheiben eingeschlagen. Karl Eichenwald wurde verhaftet, seine Frau und seine beiden Söhne wurden aus dem Haus vertrieben. Grete Eichenwald versuchte zu Fuß mit ihren Söhnen nach Legden zu ihrem Elternhaus zu flüchten. Auf dem Rücken hatte sie sich ein Oberbett festgebun-den, um gegen die Kälte in der November-Nacht einigermaßen geschützt zu sein. So haben die drei eine Nacht im Graben verbracht. Am anderen Tag hat der Tierarzt Dr. Stegemann, der von seinem Wohnhaus aus die Mutter mit ihren Kindern sah, stillschweigend sein Auto geholt und Mutter und Söhne nach Legden gebracht. Aber Grete und Karl Eichenwald konnten ihrem grausamen Schicksal nicht entkommen. 1939 „ver- kaufte“ Karl Eichenwald sein Haus an die Stadt Horstmar. Es erging ihm wie allen anderen jüdischen Hausbesitzern; weit unter Wert wechselte das Haus „Stadt 96“ seinen Besitzer. Karl Eichenwald und seine Familie wohnten ab 1939 in Burgsteinfurt. Im Januar 1943 wurde die Familie nach Riga depor-tiert. Karl Eichenwald wurde von Riga aus in das KZ Buchenwald gebracht. Von dort schrieb er noch einmal eine Karte an einen Horstmarer Bauern und berichtete, dass er hungern müsse. Die Familie zögerte nicht lange, packte ein Päckchen mit einigen Lebensmitteln und schickte es nach Buchen- wald. Am anderen Tag jedoch wurde der Bauer vom Ortsgruppenleiter vorgeladen und wurde ver- warnt. Man kann davon ausgehen, dass das Päckchen Horstmar nicht verlassen hat. Helmut und Erwin wurden im September 1944 von ihrer Mutter getrennt und in das KZ Auschwitz transportiert. Wahrscheinlich wurden sie dort nach ihrer Ankunft vergast. Grete Eichenwald überstand die Strapazen in Riga und kehrte nach Horstmar zurück. Hier konnte sie sich nicht mehr heimisch fühlen. 1958 schrieb sie an eine befreundete Horstmarerin: „Ja, wenn meine Jungs noch lebten wären sie auch schon 30 und 27 Jahre. Glauben Sie mir, es ist schwer für mich.”