STEINFURTER NACHRICHTEN Mittwoch, 5. Oktober 2005 Von Gudrun Niewöhner Die Löwensteins handelten mit Altwaren Ernst Jürgens erinnert sich an Horstmarer Familie, die 1936 nach Borghorst zog Borghorst „Wer war Martha Loewenstein?" Die Überschrift stach Ernst Jürgens am vergangenen Mittwoch beim Lesen der Westfälischen Nachrichten sofort ins Auge. Martha Löwenstein? Der Horstmarer hat die Jüdin als junger Mann gekannt. Und nicht nur sie, auch die anderen Familienmitglieder. „Martha war die Schwester der Kaufleute Moritz und Bernhard Löwenstein", erinnert sich der heute 86-Jahrige. „Bis August 1936 haben die Löwensteins in Horstmar gewohnt.“ Die Familie betrieb einen Altwarenhandel auf der heutigen Schöppinger Straße. „Der Hof des Grundstücks wurde als Lagerplatz genutzt,“ so Ernst Jürgens, Mehrere Meter hoch waren Metallschrott, Knochen und Felle aufgeschichtet. „In der eng bebauten Altstadt von Horstmar führte das natürlich zu mancherlei Problemen“, wie Jürgens, der in dieser Zeit in der Gemeindeverwaltung gearbeitet hat, noch weiß. 1938 wurde das Lager zum Horstmarer Bahnhof verlegt und Moritz Löwenstein zog mit seinen beiden Kindern nach Borghorst, in die Münsterstraße 61. Den Grund dafür hat Jürgens nie erfahren. Moritz Löwenstein, 1880 in Horstmar geboren, war verwitwet - vermutlich seit Ende der 20er Jahre. Die Löwenstein-Kinder Hans, geboren 1921, und Marianne, geboren 1926, hat Ernst Jürgens sehr gut gekannt: „Mit Hans, wir nannten ihn Hänschen, habe ich die Schulbank gedrückt," Vater Moritz Löwenstein war in Horstmer ein angesehener Mann. 1912 gründete er den Turnverein „Germania" mit. Im Jahr 1920 stand er sogar als Vorsitzender an der Spitze das Vereins. Bei der Konstituierung des Horstmarer Heimatvereins wurde er zum Schatzmeister gewählt. Moritz Löwenstein hatte drei Geschwister. Hedwig, geboren 1892, war behindert. Sie starb 1934. Bruder Bernhard, geboren 1895, blieb ledig und half Moritz im Geschäft. Schwester Martha Löwenstein, die 1898 zur Welt kam, zog 1928 nach Hagen. Das haben Jürgens' Recherchen ergeben. Während Moritz Löwenstein 1936 mit seinen Kindern nach Borghorst wechselte, zog Bernhard zur Familie des Kaufmanns Ernst Eichenwald an die Sandstiege in Horstmar. 1938 hat er sich nach Informationen von Jürgens nach Witten abgemeldet. Bei seinen Nechforschungen ist Ernst Jürgens auch auf den Namen Gumprich gestoßen. Alfred Gumprich, 1901 in Borghorst geboren, und seine Frau Klementine, gebürtig aus Emsdetten, haben als Angestellte der Firma Löwenstein wahrscheinlich kurzfristig in Horstmar gelebt Ab Herbst 1936 waren die Gumprichs ebenfalls mit einem Wohnsitz an der Münsterstraße 61 in Borghorst gemeldet. Hänschen Löwenstein, so hat Ernst Jürgens später in Efahning bringen können, konnte sich dem Zugriff der Nationalsozialisten entziehen. Er soll in der französischen Widerstandsbewegung im Kampf gegen die deutsche Besatzungsmacht aktiv gewesen sein. Vor 30 Jahren traf Ernst Jürgens den Textilkaufmann Ernst Eichenwald, als dieser seine alte Heimat Horstmar besuchte. Jürgens hal ihn damals zum Friedhof begleitet und anschließend stundenlang mit ihm Erinnerungen ausgetauscht. Dabei hat der 86-jährige mehr über den Verbleib der Löwensteins erfahren. „Leider habe ich kein Gedächtnisprotokoll angefertigt und auch nicht nach der Adresse von Ernst Eichenwald gefragt“, bedauert Jürgens heute.