12.10.2010 15:00 Uhr Initiative plädiert für "intelligente Lösung" BORGHORST "Man kann alles aus dem Haus machen. Aber man darf es auf keinen Fall abreißen!" So reagierte Josef Bergmann von der Initiative Stolpersteine am Dienstag auf unseren Bericht über die Villa Heimann. Die Stadt plant den Neubau einer Feuer- und Rettungswache. Sollte dies am jetzigen Standort an der Neustraße realisiert werden, würde auch die Fläche der Villa Heimann überplant. Die alte Wache grenzt im hinteren Teil unmittelbar an den Garten der Villa. Die Initiative setzt sich seit Jahren für den Erhalt des Gebäudes ein. "Wir möchten es als sozialgeschichtliches Denkmal erhalten", sagt Josef Bergmann. "Als eine Gedenkstätte jüdischen Lebens." Die Villa gehörte der jüdischen Familie Heimann, die im Dezember 1941 nach Riga deportiert und dort im November 1943 ermordet wurde. Auf dem Gehweg vor dem Grundstück erinnern "Stolpersteine" an die Menschen, die hier lebten. "Die Villa Heimann ist für die Stadt mehr als ein Haus aus Stein", sagt Josef Bergmann. Pläne Gegen eine Überplanung des Geländes wehrt sich die Initiative nicht. Bergmann: "Wohl aber gegen den Abbruch." Darum sei es auch noch nie gegangen. "Es gab von der Stadt immer die Zusage, dass das Haus nicht abgerissen wird." Bergmann und seine Mitstreiter plädieren für eine "intelligente" Lösung. "Es könnte darauf hinauslaufen, dass die Interessen der Stadt, der Feuerwehr und unsere Überlegungen zusammengefasst werden." Die Pläne für eine neue Feuerwache könne man als Anregung für tiefergehende Überlegungen sehen. "Das ist eine Chance, die Villa Heimann einzubeziehen. Sie könnte zum Beispiel für Schulungs- und Besprechungsräume der Wehr genutzt werden." Sollte es tatsächlich dazu kommen, würde das Josef Bergmann umso mehr freuen. "Dann hätten wir aus der Geschichte gelernt." Denn die Feuerwehr und die Villa Heimann sind auf unglückselige Weise miteinander verbunden. Josef Bergmann war als kleiner Junge Zeuge, als am späten Nachmittag des 9. November 1938 aus den Fenstern des Hauses Heimann Bettfedern flogen und Geräusche von klirrenden Scheiben zu hören waren. In der Nacht darauf brannte die Synagoge. Die Feuerwehr war ausgerückt - doch deren Kommando "Wasser marsch" sei übertönt worden von einer noch lauteren Stimme: "Die Schläuche bleiben trocken." So lautete der Befehl von oben. Fassade Gleichwohl weiß Bergmann auch um die immensen Summen, die für eine Sanierung der maroden Villa aufgebracht werden müssten. Um eine komplette Entkernung des Gebäudes komme man nicht umhin. Und so schwebt der Initiative vor, zumindest die Fassade zu retten. "Es gibt genügend Beispiele in anderen Städten, wie es mit planerischen und technischen Möglichkeiten gelingt, moderne Architektur mit alter Bausubstanz zu verbinden." Es müsse doch möglich sein, zumindest die Vorderfront zu erhalten. Josef Bergmann: "Nur platt machen, das wäre das Allerletzte. Und ich glaube nicht, dass einer der Beteiligten das will." 12.10.2010 15:00 Von Christian Bödding Copyright © Lensing Medien GmbH & Co. KG