Dokumentation Borghorst
Lechtestraße Ecke Mittelstraße: Die Borghorster Synagoge
Im Jahre 1854 errichtete die aus acht jüdischen Familien bestehende Gemeinde eine Synagoge an diesem Ort. Es entstand ein freistehendes, fast quadratisches Gebäude mit Ziegelwalmdach. Die Vorderfront war im romanischen Rundbogenstil gestaltet.
Ab 1856 regelte eine eigene Synagogenordnung das religiöse Leben. Salomon Gumprich wurde Vorsteher der Gemeinde.
Sein Sohn Gustav leitete die Gottesdienste bis zu seinem Tode.
Für besondere Feiertage und ab 1908 auch zur Erteilung des Religionsunterrichts engagierte die jüdische Gemeinde den Rabbiner Hermann Emanuel aus Burgsteinfurt.
1933 gehörten mehr als 40 Bürger der jüdischen Gemeinde an. Einige konnten ihren Heimatort rechtzeitig verlassen, um der Verfolgung durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zu entkommen. Viele andere wurden zwischen 1941 und 1945 deportiert und ermordet. Manche Schicksale sind bis heute ungeklärt.
In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde die Synagoge durch Brandstiftung völlig zerstört.
Nach einer Idee der Initiative Stolpersteine wurden im Jahr 2010 die Grundmauern der Synagoge durch die Verlegung von Sandsteinmaterial in der Pflasterung wieder sichtbar gemacht. Die Tafel auf der errichteten Sandsteinstele informiert über das Schicksal der jüdischen Gemeinde und ihr Gotteshaus.
Am 9. November 2010 wurde das Bodenrelief in einer Feierstunde der Borghorster Bevölkerung übergeben. Der technische Beigeordnete Reinhard Niewerth enthüllte am Tag des Denkmals im September 2011 eine Sandsteinstele, die auf den Grundriss aufsetzt und eine Informationstafel trägt. Sie ist den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde, die in Borghorst zu Hause waren, gewidmet.
„Es soll ein würdevoller Ort sein. Eine Stätte, an der ein Stück Borghorster Historie ins Bewusstsein der Bürger zurückkehrt“, sagte Niewerth.
Ein Höhepunkt an diesem Denk-mal-Tag waren Vorbeimarsch, Innehalten und Gedenken der Bürgerschützen. Nach der Weihe ihrer neuen Fahne zogen sie zur zum Platz der ehemaligen Synagoge und würdigten damit ihr jüdisches Schützenkönigspaar von 1920: Frieda und Albert Heimann.
Quellen:
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum
Dieter Otterbeck, Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Borghorst (unter besonderer Berücksichtigung des Emanzipationsprozesses seit Beginn des 19.Jahrhunderts, Prüfungsarbeit PH Westfalen-Lippe, Abt. Münster, 1965/1966 (unveröffentl. Manuskript)
Dieter Otterbeck, Aus der Geschichte der Landjudengemeinde in Borghorst, in: Borghorster Heimatblätter 35/1984, S. 15 ff.
Karl Bülter, Der Judenfriedhof in Borghorst, in: Borghorster Heimatblätter 38/1987, S. 13 f.
Maria Bäumer, Erinnerungen an jüdische Familien in Borghorst, in: Borghorster Heimatblätter 38/1987, S. 7 – 12
Stephanie Brood/Andreas Grönefeld, Antisemitismus in Borghorst, in: Steinfurter Schriften 10, Steinfurt 1989
Willi Feld: “…daß die hiesigen Juden für Steinfurt wichtig sind”
Die Juden in der Geschichte der ehemaligen Stadt Burgsteinfurt
Bd. 1, 2. überarbeitete Auflage, 2009, 288 S., 19.90 EUR
Elfi Pracht-Jörns, Jüdisches Kulturerbe in Nordrhein-Westfalen. Regierungsbezirk Münster, J.P.Bachem Verlag, Köln 2002, S. 402 – 404
Willi Feld, Die Geschichte der Juden im Kreis Steinfurt, in: Steinfurter Hefte 13 ‘Geschichte des Judentums im Kreis Steinfurt’, Steinfurt o.J.
Willi Feld, Synagogen im Kreis Steinfurt. Geschichte – Zerstörung – Gedenken, Hrg. vom Landrat des Kreises Steinfurt, 2004, S. 57 – 61
Willi Feld, Steinfurt-Borghorst, in: Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe. Die Ortschaften und Territorien im heutigen Regierungsbezirk Münster, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XLV, Ardey-Verlag, München 2008, S. 650 – 661
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