Dokumentation Burgsteinfurt
Familie Selig Wertheim, Wasserstraße 25
Selig Wertheim (*1857) war der Bruder von Benjamin Wertheim (*1855); ihr Vater Moses Coppel Wertheim (*1808) hatte 1852 in Burgsteinfurt die Firma „M. C. Wertheim“ aufgebaut. Beide Söhne besuchten zunächst die jüdische Elementarschule in Burgsteinfurt und danach das Gymnasium Arnoldinum; sie schlossen die Schule jeweils mit dem so genannten „Einjährigen“ ab, Benjamin im Jahre 1872, Selig zwei Jahre später. Benjamin übernahm später die Firma, Selig eröffnete einen Großhandel für Manufakturwaren. Beide waren angesehene Bürger der Stadt und bekleideten wichtige Ämter der Synagogengemeinde; so war Benjamin von 1922 bis zu seinem Tod im Jahre 1934 der Gemeindevorsteher und Selig war Erster Vorsitzender der 1901 gegründeten Beerdigungsbruderschaft. Selig war verheiratet mit der 19 Jahre jüngeren Bertha, geb. Stein, mit der er die Tochter Else (*1896) und den Sohn Otto (*1899) bekam. Ehefrau Bertha starb im Jahre 1937.
Otto war Soldat im Ersten Weltkrieg und fiel noch im Oktober 1918 in Frankreich. Ihm zu Ehren stiftete die Familie Selig Wertheim eine Begräbnishalle auf dem jüdischen Friedhof. Diese wurde 1956 abgerissen. An ihrer Stelle befindet sich heute ein Gedenkstein mit folgender Inschrift:
„Auf diesem Platz stand eine Halle, die Herr Selig Wertheim zum Andenken an seinen Sohn, Otto Wertheim, errichtet hatte. – Zur Erinnerung an die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Burgsteinfurt, die durch die nationalsozialistische Verfolgung umgekommen sind. – Burgsteinfurt 1961“.
Nach dem Tod seiner Ehefrau stellte Selig Wertheim 1938 Jenny Schwalm (*1915 in Treysa/Hessen) als Haushälterin ein. Jenny Schwalm wurde am 10. Dezember 1941 von Burgsteinfurt via Münster nach Riga deportiert, wo sie nach 1942 ermordet worden ist.
Der Familie von Tochter Else, die Dr. Arthur Stern geheiratet und mit ihm zwei Töchter, Channa und Chawa, bekommen hatte, gelang es noch rechtzeitig durch Auswanderung nach Palästina der Shoah zu entkommen.
In Jerusalem hinterlegte Else Stern, geb. Wertheim, im Jahre 1941 ihr Testament, aus dem hervorgeht, dass sie das elterliche Haus in Burgsteinfurt, Wasserstraße 15 (heute 25) geerbt hatte. Sie starb in Jerusalem im Jahre 1949.
Der über 80 Jahre alte Selig Wertheim hat, nachdem er seine Tochter und Enkelinnen in Sicherheit wusste, auf eigene Fluchtversuche verzichtet. Am Ende gehörte er zu den letzten Juden (s.o. bei Isidor Meyer), die am 31. Juli 1942 von Burgsteinfurt via Münster nach Riga, bzw. ins KZ Theresienstadt deportiert worden sind.
Am 27. November 1942 wurde er in Theresienstadt ermordet.