Dokumentation Lengerich

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Familie Neufeld

Zeitungsannounce, Felix Neufeld, Lengericher Zeitung 29.9.1921

Zeitungsannounce, Felix Neufeld, Lengericher Zeitung 29.9.1921

Emma Neufeld, geb. Steeg (*3.1.1865) stammte aus einer Vieh- und Kolonialwarenhändlerfamilie in Daseburg, Stadt Warburg. In ihrem Heimatort heiratete sie am 14. Juni 1893 den aus Fröndenberg stammenden Abraham Neufeld (*21.3.1867). Das Ehepaar zog anschließend nach Lengerich und bekam fünf Kinder.

Abraham Neufeld und seine Frau eröffneten eine Schlachterei und 1910 einen Vieh- und Fellhandel unter der Adresse Niederlengerich 28 (heute Osnabrücker Straße 13). Nach dem Tod ihres Mannes am 23. November 1934 wurde Emma Neufeld alleinige Besitzerin des Geschäftes, das in der Pogromnacht am 9. und 10. November 1938 durch Nationalsozialisten zerstört wurde.

Emma Neufeld musste in das Lengericher „Judenhaus“ an der Bahnhofstraße 17 ziehen und die Reste ihres Hauses für nur 5.750 RM verkaufen.
Im Januar 1942 erfolgte Einquartierung in das Hopstener „Judenhaus“ Börnebrink 42; wenige Monate später wurde sie nach Theresienstadt deportiert und am 21. November 1942 in Treblinca ermordet.

Norbert Neufeld

Ihr ältester Sohn Norbert (*23.2.1894) arbeitete, nachdem er als Soldat im 1. Weltkrieg gekämpft hatte, als Schriftsetzer in Werne, kehrte aber 1921 nach Lengerich zurück. Nach dem Tod seines Vaters Abraham führte er ab 1936 zusammen mit seinem Bruder Felix (*4.11.1896) das elterliche Geschäft. Auch er musste nach der Pogromnacht in das „Judenhaus“ an der Bahnhofstr. 17 umziehen; zusammen mit Hermann Abrahamson leistete er Zwangsarbeit im Tiefbau. Noch eine Woche vor seiner Deportation heiratete er in Lengerich die aus Schötmar stammende Berta Hamlet (*20.4.1899).
Am 13. Dezember 1941 wurde das frisch vermählte Ehepaar über Münster nach Riga deportiert und „im Osten“ ermordet.

Felix Neufeld und Familie

Felix Neufeld (*4.11.1986) erlernte nach dem Besuch der Volksschule das Metzgerhandwerk, bevor er 1917 als Soldat in den Krieg ziehen musste.
Zurück in Lengerich engagierte er sich im Schützenverein Intrup-Niederlengerich und war dort 1920 Schützenkönig.

Geschwister Johanna, Fanny und Selma Löwenthal, undat., Slg. Joshua Freeling

Geschwister Johanna (r.), Fanny (Mitte) und Selma (l.) Löwenthal, undat., Slg. Joshua Freeling

Am 22. Dezember 1927 heiratete er in Geisenheim die Tochter des dortigen jüdischen Metzgers Löwenthal, Selma (*23.3.1899). Am 7. Juli 1929 wurde ihr Sohn Werner geboren. Als Selmas Eltern aufgrund der nationalsozialistischen Schikanen ihr Geschäft aufgeben mussten, kehrte Felix Neufeld mit Frau und Sohn nach Lengerich zurück und unterstützte seine Mutter. Doch nach der Pogromnacht am 10. November 1938 als er, zusammen mit seinem Bruder Norbert, für 14 Tage in „Schutzhaft“ genommen worden – sah er keine Zukunft mehr in Deutschland.

In der Hoffnung, seine Familie nachholen zu können, floh er 1939 nach Großbritannien und 1948 weiter nach New York.
Selma und Werner jedoch konnten nicht fliehen; nach drei Jahren im „Judenhaus“ an der Bahnhofstraße 17 wurden sie – im selben Transport wie Norbert Neufeld und seine Frau (s.o.) – von Münster aus nach Riga deportiert. Am 9. August 1944 verbrachte man sie in das KZ Stutthoff, wo Selma zu Tode kam.
Wenige Wochen später, am 16. September 1944, wurde der 17-jährige Werner im KZ Auschwitz ermordet.

Felix starb am 18. November 1969 in New York.